Am 2. und 4. Dezember waren wir – gefördert durch die Postcode Lotterie – zu Gast beim LWL-Berufsbildungswerk in Soest. Zwei Tage voller Mut, Austausch und Perspektiven.
Die Besonderheit: Unter den Teilnehmenden waren auch Menschen, die von Blindheit, einer Sehbehinderung und / oder Autismus betroffen sind.*

Warum ist das wichtig?
Zivilcourage betrifft uns alle. Doch oft halten sich hartnäckige Vorurteile:
- „Blinde Menschen sind hilflos.“ – Falsch! Blindheit bedeutet nicht völlige Orientierungslosigkeit. Viele blinde Menschen sind selbstständig und können aktiv helfen. In Deutschland leben rund 1,2 Millionen blinde und sehbehinderte Menschen. (rehadat-statistik.de)
- „Autisten sind emotionslos oder Genies.“ – Ebenfalls falsch! Autismus ist ein Spektrum. Manche sind kommunikativ, andere zurückhaltend. Viele haben ein reiches emotionales Innenleben, auch wenn sie Gefühle anders ausdrücken. (autismus-d…versity.de)
- „Autismus ist selten.“ – Nein. Etwa 1 % der Bevölkerung ist betroffen – das sind rund 800.000 Menschen in Deutschland. Die Dunkelziffer ist hoch, besonders bei Mädchen und Frauen, die oft erst spät oder gar nicht diagnostiziert werden. (spektrumtags.de)
Gemeinsam für mehr Teilhabe
Diese und viele weitere Vorurteile haben die meisten von uns schon einmal gehört oder sogar (teils unbewusst) selbst verinnerlicht. Wir möchten mit unseren Trainings und diesem kurzen Einblick zeigen, dass es dabei immer um individuelle Personen geht, die Teil der Gesellschaft sind!
Auch wir durften über die langjährige Zusammenarbeit immer mehr über die Herausforderungen von blinden, sehbehinderten, autistischen und anderen oft diskriminierten Personengruppen lernen und sind dankbar, mit dem LWL einen starken Partner an unserer Seite zu haben, der sich so engagiert für mehr Teilhabe und Gleichberechtigung einsetzt.
Individuelle Vielfalt statt Schubladen-Denken
Viele Einschränkungen sind zudem unsichtbar. Autismus ist oft nicht erkennbar, und auch Sehbehinderungen können unterschiedlich ausgeprägt sein.
Labels wie „blind“ oder „autistisch“ sind wichtig für die Selbstbestimmung betroffener Personen und um den individuellen Leidensdruck erklären zu können – aber sie sagen nicht alles über eine Person aus. Austausch ist entscheidend, um zu verstehen, welche individuellen Hürden bestehen und wie man konkret entlasten kann.
Behinderung entsteht oft nicht allein durch eine körperliche oder neurologische Einschränkung, sondern durch die Barrieren in unserer Umwelt – fehlende Zugänglichkeit, mangelnde Sensibilität und unflexible Strukturen. Diese Faktoren erschweren Teilhabe und verstärken Herausforderungen, die Betroffene ohnehin erleben.
Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, eine Gesellschaft zu gestalten, in der alle Menschen selbstbestimmt und ohne unnötige Hürden leben können.
Also: Mut ist keine Frage der Einschränkung. Jeder kann handeln, wenn es darauf ankommt.
Danke an alle Teilnehmenden, die gezeigt haben: Zivilcourage ist inklusiv!

*Disclaimer:
Wir verwenden in diesem Text das Wording, das uns im Austausch mit Betroffenen am häufigsten gespiegelt wurde. Die Begriffe sollen niemanden diskriminieren. Uns ist bewusst, dass es unterschiedliche Präferenzen gibt (z. B. „sehbehindert“ vs. „Mensch mit Sehbehinderung“). Wir respektieren individuelle Wünsche und passen unsere Sprache im direkten Kontakt entsprechend an.
